Big Big Train: The Likes Of Us

Big Big Train credit Massimo Goina

Klassischer Prog, der an die guten Zeiten von Genesis mit Peter Gabriel erinnert, ist eine Domäne der britischen Artrock-Band Big Big Train. Lohnt sich die Zeitreise?

von Werner Herpell

Ach ja, die gute alte Zeit… Als man noch glühender Progressive-Rock-Fan war und Pink Floyd, Yes, King Crimson über alle Maßen verehrte. Vor allem aber Genesis mit ihrem charismatischen Gestaltwandler-Frontmann Peter Gabriel, dem formidablen Keyboarder Tony Banks und dem in Klassik wie Jazz gleichermaßen sattelfesten Gitarristen Steve Hackett (dessen jüngstes Soloalbum „The Circus And The Nightwhale“ übrigens wieder sehr zu empfehlen ist). Als Gabriel und Hackett das Artrock-Quintett Mitte der 70er verließen und neben Banks nur noch Phil Collins und Mike Rutherford bei Genesis übrig blieben, hatte sich die Sache irgendwie erledigt (zumal Punk und New Wave so viel spannender waren).

Neo-Artrocker blicken zurück

Big Big Train The Likes Of Us Albumcover

Aber Genesis-Platten wie „Nursery Cryme“ (1971), „Foxtrot“ (1972), „Selling England By The Pound“ (1973) und „The Lamb Lies Down On Broadway“ (1974) – was für eine Reihe von Seventies-Klassikern! – hört man bis heute gern… Warum nun dieser Exkurs in

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die Prog-Frühgeschichte, wo es hier doch eigentlich um Big Big Train gehen soll? Weil eine Review des neuen Albums „The Likes Of Us“ der ebenfalls britischen Neo-Artrock-Gruppe gar nicht ohne den Rückblick auf die großen Zeiten des Subgenres vor rund 50 Jahren (und auf Gabriel & Co.) erzählt werden kann.

Denn Big Big Train, die derzeit aus Mitgründer Gregory Spawton, dem neuen (italienischen) Sänger Alberto Bravin, Clare Lindley, Nick D’Virgilio, Rikard Sjöblom, Dave Foster und Oskar Holldorff bestehende Band, klingen wie ein Wiedergänger der frühen (und wie erwähnt sehr guten) Genesis. Hier wird das Rad der progressiven Rockmusik zwar ganz sicher nicht neu erfunden, aber die Verbeugung vor der guten alten Zeit ist in den acht Tracks zwischen fünfeinhalb und gut 17 Minuten Länge allemal hochkompetent und überzeugend inszeniert.

Große Prog-Oper von Big Big Train

Bravin, der dem im November 2021 an den Folgen eines Unfalls gestorbenen Leadsänger David Longdon nachfolgt, macht seine Sache hervorragend – auch wenn er mit seinen zeitgemäßen Prog-Crooner-Vocals nicht an die theatralische Raffinesse und Extraklasse von Peter Gabriel heranreicht (der überdies ja auch ein phänomenaler Songwriter war und ist). Die Lieder von Big Big Train sind mit allem Drum und Dran einer breit angelegten Prog-Oper ausgestattet: Fette Keyboards mit viel Mellotron, üppige Gitarren-Soli, Geige, Chöre, epische, immer wieder mal die Richtung wechselnde Melodien und Arrangements, die vor allem in den langen Stücken „Beneath The Masts“ (17:26 Minuten) und „Miramare“ (10:18 Minuten) an die ausufernden Tracks von „Selling England By The Pound“ erinnern.

Big Big Train entern die Charts

Das 15. Studioalbum von Big Big Train folgt auf die britische Nummer-1-DVD „Summer Shall Not Fade“ – ein Markt für 70s-Prog-Rock ist also vorhanden, auch in Deutschland übrigens, wo diese Musikrichtung eine gar nicht mal so kleine, sehr stabile Nische einnimmt. Gitarrist/Keyboarder Gregory Spawton sagt über das Erfolgsgeheimnis: „Wir sind uns der Traditionen, denen wir folgen, sehr bewusst. Wir haben sie nie verleugnet und werden es auch nie tun. Die Tatsache, dass wir klassisch klingenden Prog zurück in die Charts bringen, ist absolut fantastisch.“ Drummer Nick D’Virgilio ergänzt: „Wir haben eine großartige Mischung von Leuten, die hier sein wollen und die Extrameile gehen, um etwas ganz Besonderes zu machen. Es gibt eine große Welt an talentierten Musikern da draußen, und glücklicherweise wollen einige von ihnen mit uns abhängen.“

Das Album „The Likes Of Us“ von Big Big Train erscheint am 01.03.2024 bei InsideOutMusic/Sony erschienen. (Beitragsbild von Massio Goina)

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